Wien (Culinarius) – Die Michelin Sterne sind die wohl bekannteste Auszeichnung, die einmal im Jahr verliehen und im Guide Michelin veröffentlicht werden. 286 Sternerestaurants gibt es derzeit in Deutschland, 10 davon wurden mit drei Sternen ausgezeichnet, 39 mit zwei und 237 Restaurants tragen einen Stern.
Zwei Sterneköche, Rolf Straubinger von der Burg Staufeneck und Sebastian Prüßmann vom Althoff Hotel am Schlossgarten, die beide bei Catering Guides vertreten sind, verrieten uns im Gespräch, wie sie zu ihrem Stern kamen und was er ihnen bedeutet.
Herr Prüßmann, ist so ein Stern von Anfang an ein Ziel, wenn man Koch wird?
Nein, nicht direkt. In meiner Ausbildungszeit lag da nie wirklich ein Fokus drauf. Der lag eher darauf, die Welt zu sehen. Ich wollte in München und auf Sylt kochen, in Portugal – dort wo andere Urlaub machen. In den meisten Fällen konnte ich mir diesen Wunsch auch erfüllen. Ich habe während meiner Ausbildung auch in einer Kantine Halt gemacht und dort 4.000 Menschen täglich bekocht. Das war zwar eine Herausforderung, es war aber doch schnell klar, dass es das nicht ist, was ich suche. Es war eher der Schritt in Dieter Müllers 3-Sterne-Küche, der mir den Weg zu weisen schien. Die dort herrschende pure Perfektion ist sehr beeindruckend. Da kommt man als junger Koch hin und ist der Meinung, man könne kochen, doch das echte Feintuning findet hier statt. Genau das in der eigenen Küche umzusetzen ist nicht einfach, aber man weiß ungefähr, was man anstrebt.
Bedingt durch meine Ausbildung in Deutschland, Frankreich und Italien, während der ich nur in 1-, 2- oder 3-Sterne-Häusern war, hat man durchaus ehrgeizige Ziele.
Dann ist Ihnen Ihr Stern einfach so „passiert“?
Ich habe immer in erster Linie das gekocht, was meiner Philosophie entsprach. Ich habe schon immer viel Wert auf Qualität gelegt. Da ich nicht nur Koch, sondern auch Geschäftsmann bin, war mein Ziel nicht direkt ein Stern, sondern vielmehr ein volles Restaurant. Dank meines hohen Anspruchs, „passierte“ mir der Stern bereits am Anfang meiner Karriere. Wichtig ist aber, dass so ein „Sterneniveau“ auch multiplizierbar ist. Ich muss in der Lage sein, auch ein volles Restaurant mit ausgezeichnetem Essen zu versorgen und ich darf nicht am Markt vorbei kochen. Ich sehe mich als Handwerker und habe den Anspruch, nur mit besten Materialien zu arbeiten. Wenn man dann für seine Arbeit belohnt wird, ist das natürlich ein schönes Zubrot. Letztendlich ist mir aber die Gästezufriedenheit wichtiger.
Sie blicken auf eine etwas andere Karriere zurück, Herr Prüßmann …
Als stellvertretender Küchenchef unter Dieter Müller und Nils Henkel konnte ich natürlich einen sehr guten Einblick in die Sternegastronomie erhalten. Dann eröffnete sich mir im Schloss Lerbach die Chance, von der Perfektion ins – nennen wir es mal – “Chaos“ zu wechseln und alle anderen Bereiche, wie Bankett, Frühstück etc. zu leiten und hier auch auszubilden. In mein eigenes Restaurant habe ich den hohen Anspruch aber mitgenommen. Wirklich beeinflussen kann man die Sternevergabe nicht. Man kocht einfach immer gut, immer so, dass man selber mit dem Ergebnis zufrieden ist. Es muss eine eigene Linie, ein individueller Stil zu erkennen sein. Letztendlich ist mein Anspruch auch mit Stern der gleiche geblieben. Ohne hohen Anspruch erhält man sicher keinen Stern, aber der hohe Anspruch sollte nicht an den Stern gekoppelt sein.
Ist der Michelin Stern nur eine „Auszeichnung von vielen“ oder etwas besonderes für Sie?
Prüßmann: Ich denke, dass alle Gourmetführer ihre Berechtigung haben und jeder muss selber wissen, welchem er die meiste Beachtung schenkt. Der Guide Michelin ist sicher der bekannteste und wird durch seine Popularität vielleicht etwas höher gewichtet als weniger bekannte Auszeichnungen.
Straubinger: Ich würde den Michelin Stern als die loyalste Auszeichnung bezeichnen. Letztendlich ist aber eine gute Gesamtbewertung in möglichst allen Gourmet-Führern entscheidender. Eines von 237 Restaurants zu sein ist zwar bei einer Konkurrenz von ca. 2.300 Restaurants im Guide Michelin nicht schlecht, unter den Top 40 Deutschlands in einer Gesamtwertung zu gelangen, ist aber natürlich noch etwa besser.
Haben Sie in den letzten 25 Jahren auch mal um Ihren Stern gebangt, Herr Straubinger?
Für mich ist es wichtig, dass wir unsere Handwerkskunst – und das ist Kochen meiner Meinung nach – mit Fleiß und Liebe machen und dass wir nach einem langen Tag in der Küche freudig, vielleicht ein bisschen stolz aber vor allem zufrieden auf unsere Arbeit zurückblicken. Wenn das die oberste Priorität ist, braucht man eigentlich keine Angst zu haben, seinen Stern zu verlieren. Das größte Lob ist es noch immer, sich mit zufriedenen, wenn nicht sogar begeisterten Gästen zu unterhalten. Und es ist wichtig, sich einmalige Ausrutscher oder auf einem einzelnen Besuch basierende schlechte Kritiken nicht zu sehr zu Herzen zu nehmen*. Das mag einen wurmen, aber ändern kann man ohnehin nichts, solange man weiß, dass man immer sein bestes gibt. Trotzdem ist es natürlich schön, meinen Stern, bei einer Berufstätigkeit von fast 27 Jahren, nun schon seit 25 Jahren „tragen“ zu dürfen.
*mit einem Augenzwinkern in der Stimme fügte er hinzu: „Googlen Sie mal „Selbstmord wegen Sternverlust“, man darf das wirklich nicht zu ernst nehmen.“
Herr Prüßmann, Sie haben Ihren Stern seit 2011, schon mal „Verlustängste“ gehabt?
Es gibt sicher Kollegen, die sich sehr stark über einen Stern definieren. Ich sehe den Stern aber nicht so sehr als meine persönliche Errungenschaft, sondern als Auszeichnung meines Teams. Es kann immer passieren, dass man einen Stern auch wieder verliert. Ich will nicht sagen, dass wir uns da keine Sorgen machen müssen, aber man kann seine eigene Arbeit ja auch einschätzen. Wir wissen, was wir können.
Da es der eigene hohe Anspruch ist, der beiden Köchen zu ihrem Stern verhalf, bezieht sich der Michelin Stern zwar lediglich auf die Gourmet-Küche, doch auch im Catering-Bereich gehen sie mit keinem geringeren Anspruch und große Freude an die Arbeit. Mit Gourmet-Restaurant, Hotel, Veranstaltungen und Catering, sieht Rolf Straubinger seine Sterneküche als ein Standbein von vielen und genießt die Arbeit am Catering sehr. Auch Sebastian Prüßmann sieht seine Rolle als Küchenchef nicht nur in der Sterneküche, sondern bezeichnet sich selbst als „Manager, Einkäufer, Psychologe und nicht selten auch mal Papa, da ist das Kochen einer von vielen Aufgabenbereichen und auch die Küche der Zirbelstube nur ein Teil meiner Arbeit“.
Fotocredits: Shutterstock/Carlos Rondon, Althoff Hotel am Schlossgarten, Burg Staufeneck