Wien (TP/OTS) – Wie relevant sind Genussblogger und wie sieht die optimale Zusammenarbeit mit der Wirtschaft aus? Liegt die Zukunft der Wein-PR im Social-Media-Bereich? Was kann Online, was Print nicht kann und umgekehrt? Fragen, die bei der letzten WineExperts-Runde bei WEIN & CO in der Mariahilfer Straße für eine durchaus angeregte Diskussion sorgten.
Thomas Stangl ist IT-Projektmanager und in seiner Freizeit unabhängiger Genussblogger – sein Webblog topf-und-deckel.at existiert seit eineinhalb Jahren und beinhaltet ausschließlich Themen, zu denen er und seine Partnerin einen persönlichen Bezug haben. Jürgen Schmücking betreibt mit genuss.cc ebenfalls einen Blog, sieht ihn aber als Ergänzung seiner breiten beruflichen Palette: „Der Blog ist aus der Notwendigkeit heraus entstanden, eine sehr präzise Zielgruppe über ein sehr eingeschränktes Thema wie etwa Bio-Weine zu informieren. Später wurde eine Leidenschaft, aber nie ein Geschäft daraus.“
Was die beiden als Blogger verbindet, ist ihre Unabhängigkeit, sie müssen und wollen nicht davon leben. Und genau das macht sie zu einer interessanten und vor allem authentischen Zielgruppe, die von der Wirtschaft nun immer mehr entdeckt wird. Weitere Teilnehmer der Diskussion am 24. September in der WEIN & CO Bar in der Mariahilfer Straße waren die Winzerin Regina Triebaumer, Falstaff-Journalist und Social-Media-Insider Bernhard Degen sowie Gastgeber Oliver Sartena, Mitglied der Geschäftsleitung von WEIN & CO. Moderiert wurde die sechste Runde des Forums WineExperts von Monika Kriwan, zuständig für die Pressearbeit bei WEIN & CO.
Blogger werden als authentisch und unabhängig gesehen, lässt es sich da überhaupt vereinbaren, mit der Wirtschaft zusammenzuarbeiten? Thomas Stangl: „Es geht um die Balance, wir würden nie über Dinge schreiben, die nicht zu uns passen. Ständig ungefiltert Presseaussendungen zu erhalten, ist sogar kontraproduktiv. Ich will schon das Gefühl haben: Da hat sich jemand mit meinem Blog auseinandergesetzt.“ Jürgen Schmücking, der auch als Journalist arbeitet, sieht es naturgemäß etwas anders: „Ich bin grundsätzlich offen, wenngleich die Angebote zwischen sinnvollen Kooperationsvorschlägen und Copy & Paste-Schwachsinn oft stark oszillieren.“ Kann da der Schuss nicht auch einmal in die falsche Richtung abgehen? „Klar, weil online schnell etwas draußen ist, im Printbereich gibt es hingegen Kontrollmechanismen.“
Blogger als klassische Opinion Leader
Inwieweit sind Weblogs im Weinbereich ein Mitbewerb für arrivierte Weinplattformen wie falstaff.at? Bernhard Degen, Chefredakteur New Media & Reise bei Falstaff: „Blogs sind für mich eher eine willkommene Ergänzung zu anderen Medien. Sie erhöhen die Meinungsvielfalt und werden höchstens dann zum Mitbewerb, wenn sie schneller sind. Die Welt hat sich rasant verändert und wir sollten froh über diese vielfältigen Möglichkeiten sein.“
Regina Triebaumer, in Winzerkreisen durchaus Vorbild in Sachen Facebookauftritt, sieht diese Notwendigkeit auch: „Wir sind immer sehr aktiv an das Thema herangegangen, aber anders als bei Jungwinzern nutzen wir Social Media zweckgebunden. Wir sind ein Familienbetrieb mit zeitlich begrenzten Ressourcen und stellen uns daher immer die Frage, inwiefern Social-Media-Aktivitäten für unsere PR-Ziele auch relevant sind. Weinblogs werden wir in Zukunft aber sicher mit höherer Aufmerksamkeit verfolgen.“
Eine etwas differenziertere Haltung hat hier Oliver Sartena: „Wir wollen Botschaften platzieren, um Wein zu verkaufen, aber wer sagt mir, dass unsere Botschaften in Weblogs gut aufgehoben sind? Bei Printmedien gibt es Mediadaten, im Web kann jeder über Wein schreiben, aber wie relevant ist es? Reicht hier die Anzahl der Followers aus?“
Jürgen Schmücking warnt davor, die Relevanz von Weblogs anhand von Kennzahlen festmachen zu wollen: „Es gibt diese Analysen wie Klout Score, aber sie sind undurchsichtig und manipulierbar. Viel wichtiger ist, was Blogger bewirken, wie sieht die Diskussion danach aus?“ Thomas Stangl bestätigt: „Blogger sind eine eingeschworene Gemeinschaft, hier wird alles diskutiert und gewisse Dinge verbreiten sich wie ein Lauffeuer. Ihre Rolle als Multiplikatoren sollte man nicht unterschätzen. Sie sind so etwas wie die moderne Form der Mundpropaganda.“
„Blogger sind klassische Opinion Leader“, bestätigt auch Bernhard Degen, allerdings „erreicht man hier eben nur eine, meist sehr junge Zielgruppe, heutzutage müssen Unternehmen im Weinbusiness aber auf allen Kanälen präsent sein, auch in Print.“
Was kann Print, was online nicht kann und umgekehrt? Regina Triebaumer: „Ein Printmedium ist hochwertiger, langsamer als Internet und oft auch tiefer recherchiert. Es hat Bestand, einen schönen Artikel in Print kann ich auch meinen Kunden zeigen.“ Für Oliver Sartena kommt es auf den „News Value“ einer Botschaft an: „Wenn ich Meldungen mit Aktualitätsbezug platzieren will, ist ein Magazin uninteressant, hier hinken ja schon Tageszeitungen den Online-Plattformen nach. Bei Geschichten, die ich in Ruhe lesen will, ist es etwas anderes. Wer legt sich schon mit einem I-Pad in die Badewanne?“
Die Zukunft der Wein-PR liegt dennoch im Social-Media-Bereich, ist sich die Runde einig. Vor allem, wenn man die Entwicklungen im angelsächsischen Raum und in den Staaten mitverfolgt. Nach einem USA-Aufenthalt weiß Schmücking erst, welches Potenzial ein Blog haben kann: „Ein anerkannter Experte hat auf meine Seite verlinkt, danach hatte ich statt 200-300 Zugriffen plötzlich 30.000 Zugriffe in der Woche.“
WineExperts – die WEIN & CO Diskussionsreihe rund um Wein – findet 4 x jährlich in den Eventräumlichkeiten des WEIN & CO Flagshipstores in der Mariahilfer Straße statt. Weinexperten, Journalisten und Wissenschaftler diskutieren dabei Weinthemen über rein fachliche Grenzen hinweg – mit dem Ziel, eine breite Öffentlichkeit für das Thema Wein in Österreich zu interessieren.