Wenn sich der Waldboden in ein sattes Grün kleidet, als hätte jemand frische Farbe über die Stadt gestreut, und die Luft plötzlich diesen feinen, würzigen Hauch von Knoblauch verströmt – dann ist Bärlauchzeit in Wien. Zwischen März und Mai zieht es die Menschen hinaus in die Auen, Wälder und Wiesen. Die einen wegen der Bewegung, die anderen wegen des Sammelns. Und manche, weil beides zusammen einfach unschlagbar ist.
Einer der besten Orte dafür: der Stadtwanderweg 4a. In Ottakring zum Wilhelminenberg findet man ganze Teppiche des grünen Wildkrauts – leuchtend, intensiv duftend, beinahe meditativ im Anblick. Wer achtsam unterwegs ist, entdeckt hier wahre Kräuterschätze. Doch ganz ohne Vorwissen sollte man sich nicht ans Pflücken machen. Denn wie bei so vielem in der Natur gilt auch beim Bärlauch: Zwischen Delikatesse und Gefahr liegt oft nur ein schmaler Grat.
Wo findet man Bärlauch in Wien?
Neben dem beliebten Stadtwanderweg 4a gibt es in Wien zahlreiche weitere Hotspots für Bärlauchsuchende: im Lainzer Tiergarten, in Teilen des Wienerwalds, entlang der Donauauen und auch im Prater. Wichtig ist: Immer auf die lokalen Schutzbestimmungen achten – nicht überall, wo Bärlauch wächst, darf er auch mitgenommen werden.
Ein kleiner Tipp für die Praxis: Wer in den frühen Morgenstunden oder unter der Woche loszieht, erlebt die Natur fast für sich allein – und vermeidet leere Stellen, wo andere vielleicht schon zu gierig waren. Und noch schöner ist’s, wenn man den Korb durch die frische Luft füllt und nicht mit der Plastiktüte loszieht.
Was steckt drin und was macht ihn so beliebt?
Bärlauch ist ein Geschenk des Frühlings – nicht nur geschmacklich, sondern auch gesundheitlich. Er steckt voller Vitamin C, Eisen, Magnesium und sekundärer Pflanzenstoffe. In der Volksmedizin wurde er als blutreinigend, entgiftend und stoffwechselanregend geschätzt.
Der Legende nach sollen Bären nach dem Winterschlaf gezielt nach Bärlauch suchen, um ihren Organismus wieder in Schwung zu bringen. Eine schöne Vorstellung, die dem Kraut auch seinen Namen eingebracht hat. Wissenschaftlich belegt? Vielleicht nicht. Aber ein Bild, das im Kopf bleibt.
Bärlauch in der Kulturgeschichte
Bereits die Römer wussten „Allium ursinum“ zu schätzen – als Heil- und Würzpflanze. Im Mittelalter galt Bärlauch als Zauberkraut gegen böse Geister und schlechte Energien. In vielen Regionen Österreichs kennt man ihn bis heute unter Namen wie Waldknoblauch, Hexenzwiebel oder Rams. In Klostergärten wurde er gezielt kultiviert, um Frühjahrsmüdigkeit zu vertreiben. Und auch in der traditionellen chinesischen Medizin findet sich seine wilde Schwester, die sich durch ähnliche Wirkstoffe auszeichnet.
Kurz gesagt: Bärlauch verbindet Kultur, Natur und Kulinarik auf denkbar harmonische Weise.
Worauf muss man beim Sammeln achten?
So verlockend das grüne Meer am Waldboden auch sein mag – Vorsicht ist geboten. Bärlauch hat einige gefährliche Doppelgänger: Maiglöckchen, Herbstzeitlose und Aronstab. Sie sehen ihm zum Verwechseln ähnlich – und sind stark giftig. Wer sammelt, sollte folgende Unterscheidungsmerkmale kennen:
- Geruchstest: Beim Zerreiben der Blätter verströmt Bärlauch einen klaren, knoblauchartigen Duft.
- Einzelblattregel: Bärlauch wächst mit einzelnen Blättern pro Stängel aus dem Boden – Maiglöckchen bilden immer zwei.
- Blattunterseite: Bärlauchblätter sind matt und weich, nicht glänzend oder ledrig.
Im Zweifel gilt: lieber stehen lassen.
Übrigens: Laut Wiener Naturschutzgesetz ist nur eine Handvoll pro Person erlaubt. Wer den Wald mit Respekt behandelt, sorgt dafür, dass auch andere noch ernten können – und die Pflanze sich weiter ungestört verbreitet.
Wie verarbeitet man Bärlauch?
Frisch geerntet hält Bärlauch sich nur wenige Tage – am besten in ein feuchtes Küchentuch einschlagen und im Kühlschrank aufbewahren. Ideal ist es aber, ihn gleich zu verarbeiten: roh, fein gehackt, püriert oder gedünstet. Die Möglichkeiten sind beinahe unendlich:
- Als Pesto – klassisch mit Öl, Nüssen und Käse, oder vegan mit Sonnenblumenkernen
- In Butter gerührt – für das nächste Grillbrot oder den Sonntagsbrunch
- Als Basis für Gnocchi oder Spätzle
- In Suppen, Strudeln oder Quiches
- Zu Fisch oder Fleisch – etwa in einer feinen Kruste oder einem duftenden Sud
- Oder ganz edel: Lammrücken in Bärlauch-Biskuit
Fazit? Bärlauch ist mehr als nur Hype.
Ob als wilder Begleiter eines Spaziergangs, als zartes Aroma auf der Pasta oder als kleiner Frischegruß auf dem Butterbrot – Bärlauch ist ein kulinarisches Frühlingsversprechen. Eins, das nur wenige Wochen hält. Und vielleicht ist genau das sein Zauber: Die Erinnerung an eine Jahreszeit, die sich nicht aufheben lässt. Sondern nur erleben – mit allen Sinnen.