Wenn die Gastronomie wieder ihre Türen öffnet, werden die Gäste aufgrund der Maskenpflicht von keinem freundlichen Lächeln begrüßt. Was können Gastronomen also tun, um das zu kompensieren? Die Espressomobil-Chefs Reinhold Lindmoser und Moriz Fleissinger sowie Körpersprache-Experte Stefan Verra liefern eine Art Leitfaden.
Jetzt ist es also raus: Wenn frühestens Mitte Mai die Gastronomie in Österreich langsam wieder hochgefahren wird, werden Kellner bloß mit Masken den Genuss von Kaffee, Kuchen oder anderen Köstlichkeiten anbieten können. Das hat Bundeskanzler Sebastian Kurz nun in einem Interview mit dem Fernsehsender CNN kundgetan.
Eine Maßnahme, die für Gastro-Experten wenig überraschend ist, wie Reinhold Lindmoser und Moriz Fleissinger vom Wiener Unternehmen Espressomobil betonen: „Uns war das von vornherein klar, dass dies der logische erste Schritt sein wird.“ Die 50 rollenden Kaffeemaschinen, mit denen ihre 30 Baristas bis vor dem Shutdown die Wienerinnen und Wiener mit Espressi, Melanges und Cappuccini versorgten, stehen seit dem 10. März in der Garage und warten nur darauf, wieder auszufahren.
Masken verhindern gewinnendes Lächeln
Was den Unternehmern dabei besonders viel Kopfzerbrechen bereitet, ist die Tatsache, dass durch die Masken ein Großteil der sonst üblichen Kommunikation zu den Gästen verloren geht. Lindmoser: „Gerade in Österreich rühmen wir uns mit unserer Gastfreundlichkeit. Bei jedem neuen Mitarbeiter oder jeder neuen Mitarbeiterin ist das Thema ,Lächeln‘ ein zentrales. Doch das ist mit der Maske kaum möglich.“ Hinzu kommt, dass gerade sein Unternehmen an unterschiedlichen Standorten mit stets wechselnden Gegebenheiten aktiv ist. Mit ihren rollenden Kaffeemaschinen ist Espressomobil österreichweit auf rund 1000 Veranstaltungen pro Jahr vertreten. Fleissinger fügt an: „Gerade wenn die ersten Events wieder anlaufen und die geforderten Distanzen unter den Gästen eingehalten werden, wird die Kommunikation über eben die Distanz hinweg mit Masken zusätzlich schwierig sein. Außerdem sind die Geräuschpegel bei Veranstaltungen erfahrungsgemäß immer eher hoch.“ Aus diesem Grund informiert man bei Espressomobil dieser Tage die Mitarbeiter*innen sehr genau darüber, wie man mit Maske eben richtig kommuniziert.
Rat vom Körpersprache-Experten Stefan Verra
Aber worauf kommt es in Sachen Kommunikation eigentlich an, wenn ein großer Teil der Mimik hinter der Maske versteckt bleibt? Laut dem Körpersprache-Experten Stefan Verra muss man hierbei erst einmal die gesamte Tragweite der Einschränkung verstehen, ehe man konkrete Gegenmaßnahmen setzen kann: „Wer sich selbst beim Zuhören beobachtet, wird feststellen, dass in der Kommunikation nicht nur der berühmte Augenkontakt relevant ist, sondern dass wir immer auch die Lippen unseres Gegenübers im Blick haben. Wir hören nämlich nicht nur mit den Ohren zu, sondern lesen gewisse Teile einer Unterhaltung zusätzlich von den Lippen des anderen ab.“ Das passiert gänzlich unbewusst, hilft uns aber dabei, den anderen besser zu verstehen. Rechnet man nun noch die schalldämmende Wirkung der Gesichtsmasken hinzu und geht davon aus, dass im Lokal Musik gespielt wird, ist klar: Das mit der einfachen Bestellung oder einem charmanten Smalltalk zwischen Kellner und Gästen wird schwierig.
Zumal eben wegen des Mund-Nasen-Schutzes schon der erste Eisbrecher – das Lächeln – unsichtbar und somit abhandengekommen ist. Dazu liefert Verra ein eingängiges Beispiel: „Wenn uns ein Kellner hinter seiner Kaffeemaschine anschaut, sehen wir nur seinen Blick. Weil sein aufmunterndes und erkennendes Lächeln hinter der Maske versteckt bleibt, wirkt das so, als würde er uns anstarren. Das wiederum löst in uns ein unangenehmes Gefühl aus und kann womöglich dazu führen, dass wir weniger gern etwas bei ihm bestellen wollen.“
Offensichtliche Freundlichkeit als Umsatzrelevanter Aspekt
Und nun dreht die Spirale logischerweise weiter nach unten, wie Lindmoser beschreibt: „Der Gast ist schon verunsichert. Die Kommunikation beim Bestellen ist erschwert. Und der Konsum der gerade zu Beginn der Lockerungen in der Gastronomie gewiss überschaubaren Gästeschar wird zusätzlich geringer.“ Denn das gewinnende Lächeln ist erwiesenermaßen umsatzrelevant, bestätigt auch Stefan Verra die Befürchtungen des Espressomobil-Chefs und dessen Gastrokollegen. Verra: „Bei einer Studie wurden kellnernde Schauspieler damit beauftragt, entweder mürrisch, ein bisschen freundlich oder sehr freundlich die Gäste zu bedienen. Das Ergebnis: Die sehr freundlich bedienten Gäste konsumierten nicht nur mehr, sondern gaben auch mehr Trinkgeld!“
Nur keinen Joker-Effekt riskieren
Nachdem jedoch das Tragen der Masken in der Gastronomie klarerweise außer Diskussion steht, gilt es, konkrete Lösungen anzubieten. Stefan Verra hat da freilich Rat auf Lager: „Wenn man wirklich lächelt, dann zieht sich das bis zu den Augen hinauf. Daher kommen schließlich die Lachfalten“, erläutert er. „Wenn man also bewusst intensiv lächelt, sieht man das auch über die Maske hinweg.“ Übrigens: Dieses kräftige Lachen kann man nach der Maskenzeit gleich beibehalten, so der Rat des Profis. Allerdings sollte man sein Lächeln unbedingt an die Situation anpassen, egal ob mit oder ohne Maske. „Andernfalls wirkt das Lachen deplatziert und irritierend“, warnt Verra vor einer Art Joker-Effekt, den man jedenfalls verhindern soll. „Deshalb wirken auch auf Masken aufgemalte Smileys nur im ersten Moment lustig. Auf Dauer wirken sie eher kontraproduktiv manchmal sogar verstörend!“
Zusätzliche Signale setzten
Abgesehen davon empfiehlt der Fachmann verstärkt andere Signale – wie Gestik, Augen und eben die Stimme selbst – einzusetzen. Umgekehrt sollten Kellner aber auch besonders viel Verständnis für den Gast aufbringen und besonders laut und deutlich artikulieren. Verra: „Wir Menschen sagen eher ,Nein!’, wenn wir eine Sache nicht sicher richtig verstanden haben.“ Das freundliche Offert für ein Nussbeugerl wird also nur dann angenommen, wenn das Gegenüber wirklich alles verstanden hat. „Das ist ein weiterer umsatzrelevanter Aspekt“, sagt Stefan Verra. Deshalb empfiehlt er, die musikalische Untermalung im Lokal eher gering zu halten, um nicht zusätzliche Kommunikationsbarrieren aufzubauen.
Sind Schilde eine Option?
Um das Lächeln zumindest teilweise erhalten zu können, sucht Lindmoser für seine Espressomobil-Mitarbeiter derzeit übrigens sogar nach transparenten Masken. Eine Idee, die auch der Körpersprachen-Experte begrüßt: „Ideal sind derartige Schilde, wie sie auch in der Medizin oder in manchen Supermärkten bereits eingesetzt werden.“ Ob diese jedoch auch für die Zecke in der Gastronomie taugen, wird gerade vom Gesundheitsministerium überprüft.
Das würde aber auf jeden Fall helfen, um zumindest den Hauch eines Lächelns in die versteckten Gesichter der Gastronomen zu zaubern. Und somit auch in jene der Gäste.