Ich bin nicht objektiv, denn ich bin verliebt. Wie bei allen Verliebten ist mein Blick auf das Objekt meiner Begierde getrübt, mein Belohnungszentrum erregt, mein Magen in Aufruhr. Aber okay, mein Job verlangt Objektivität und ich tue mein Bestes.
Faschierte Laibchen gehören zur kulinarischen DNA Wiens wie das „Wiener“ oder das Gulasch. Es gibt einige Lokale, wo sie schmecken, wie einst bei der Oma. Im Grünauer, beim Meixner oder in der Gastwirtschaft Huth, aber das läuft schon unter geborene Küche. Ich jedoch liebe auch Kaffeehäuser und im Café Prückel ist die „Wiener Trilogie“ für mich perfekt: Die Laibchen flaumig, der Jus dicht und mollig, die Rösti von schlunziger Konsistenz, der gemischte Salat mit Essig und einem Hauch Zucker. Besitzerin Christl Sedlar erklärt, wie sie gemacht werden und warum sie hier so gut schmecken.
Wiener Wohlfühl-Essen
Im Café Prückel lässt es sich vortrefflich politisieren, stundenlang Schach oder Karten spielen oder sich in Zeitung aus aller Welt vertiefen. Man kann hier aber auch erstaunlich gut essen. „Faschierte Laibchen mit gerösteten Erdäpfeln und gemischtem Salat“ stehen schon seit immer unverändert auf der Karte und das wird sich auch niemals ändern. Sie sind – wenn so gut wie hier –, Wiener Wohlfühl-Essen, quasi Soul-Food, dass Erinnerung an die Kindheit weckt. Auch bei der Chefin ist das wohl so, sie geht seit mehr als 60 Jahren täglich in ihr Café und täglich isst sie auch hier. Meistens Fleisch, „denn ich bin ein Fleisch-Tiger“, sagt Christl Sedlar.
Der Herr Marek
Ob der Herr Marek gelegentlich von Fleischlaibchen träumt, ist nicht überliefert, kann aber gut sein. Jedenfalls ist er seit 20 Jahren der Mann der Laberln, erzählt Seilar. Er ist zuständig für die Masse, bestimmt die Gewürzmischung, kümmert sich um die Zubereitung. Wenn er – was „Gott sei’s gedankt“ selten vorkommt – auf Urlaub ist, merkt man das.
Wiener Trilogie
Die Laibchen bestehen in Wien stets aus „Gemischten“, also Rind- und Schweinsfaschiertem. Ein wenig Knoblauch und Petersilie ist drin, die Gewürzmischung unterliegt strenger Geheimhaltung. Sicher ist: sie werden nicht einzeln – was bei dem Durchsatz im Prückel nicht möglich wäre –, sondern „auf einem Blech in einem Konvektor gebraten“, so Sedlar. Der Jus wird nach guter Tradition mit Knochen, Fleisch und Rinderbrühe angesetzt. Für die Rösti werden Erdäpfel erst gekocht und anschließend geraspelt und ohne Zwiebel (denn bekömmlicher) in der Pfanne angebraten. Die dritte Komponente, der kleine gemischte Salat schließlich sorgt für die nötige Spannung in Form von Säure. Der Krautsalat kommt mit eine wenig Kümmel, das gelb-grüne Wurzelwerk aus Rüben und Karotten erfreut das Auge, der Erdäpfelsalat wird mit einigen Zwiebeln wird mit Essig mariniert, das ganze mit ein wenig Zucker abgerundet. Man benötig hier übrigens keinen Löffel, die Rösti sollten stets mit dem Jus verbunden gegessen werden. Ein rundes Gericht, dass Leib und Seele wärmt.
Café Prückel
Täglich: 8.30 bis 22.00
Stubenring 24
1010 Wien