Damit nachhaltiger Tourismus funktioniert, muss er eine Lebensgrundlage für die Betriebe bieten, sagt Wirte-Chef Mario Pulker. Im Gespräch erklärt er, wie unterschiedlich Nachhaltigkeit im Betrieb definiert werden kann und was WirtInnen tun können, um eine „Win-Win-Win-Situation“ für Gast, Umwelt und Betrieb zu schaffen.
Gastro News: Kürzlich wurden neue Konzepte zur Verbesserung der Besucher-Lenkung in der Wachau präsentiert. Was waren die wichtigsten Erkenntnisse daraus?
Mario Pulker: Die wichtigsten Erkenntnisse der Studie der „Kondeor Tourismusforschung“ ergab folgenden Status Quo in Dürnstein:
Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der befragten Tagesbesucher in Dürnstein liegt bei 2,5 Stunden. 33% der Gäste bleiben maximal 90 Minuten in der Gemeinde. Die Mehrheit der befragten Tagesbesucher (45%) hält sich zwischen eineinhalb und maximal drei Stunden im Ort auf. Tagesgäste mit einer Aufenthaltsdauer von unter 4,5 Stunden geben pro Person im Durchschnitt € 24 aus. Bei einer Aufenthaltsdauer von mehr als 4,5 Stunden (10%) steigen die Durchschnittsausgaben mit € 39 signifikant an.
Auch wurde eine Erhebung der Personenanzahl im Stadtzentrum von Dürnstein von 1. Juni bis 31. Oktober 2018 durchgeführt, welche große Unterschiede von Tagesdurchschnittswerten der sich in Dürnstein aufhaltenden Personen zwischen Werktagen und Wochenenden ergab. Die Personen-Frequenz war im September am höchsten: an allen Werktagen wurden in diesem Zeitraum im Tagesdurchschnitt 5.580 Personen gezählt, an allen Wochenenden durchschnittlich 8.540 Personen pro Tag. Im Juni – dem im Erhebungszeitraum am niedrigsten frequentierten Monat – waren es 2.720 Personen im Tagesdurchschnitt an Wochentagen und durchschnittlich 4.130 Personen pro Tag an allen Wochenenden.
Dabei ist zu bedenken, dass sich diese Zahlen nicht regelmäßig auf den Tag verteilen, sondern es oftmals zu starken Schwankungen im Tages-Wochen- und Jahresverlauf kommt. Sie liegen zwischen 1.650 und 12.270. Auch wurden an vier Zähltagen die Einfahrten in die Gemeinde Dürnstein erhoben. An den Zähltagen sind zwischen 143 und 172 Autos in das Stadtzentrum eingefahren, 29% davon aus Österreich außerhalb der Bezirke Krems und 22% mit ausländischem Kennzeichen.
Besucher und Anrainer stimmen bei der Befragung überein, dass bei einem Besuch der Wachau die Besichtigung von Dürnstein unbedingt dazu gehört. An besucherstarken Tagen ist in der Studie zu beobachten, dass Besucher eher der Aussage zustimmen, dass sie Dürnstein lieber mit weniger anderen Besuchern erleben würden. In der Studie wurde insbesondere auch die Wahrnehmung der Radgäste erfragt. Von der Bevölkerung als eher störend empfunden wurden laut der Studie vor allem größere Gruppen wie Radgruppen über 10 Personen (von 87% % der Befragten) oder geführte Gruppen über 20 Personen (von 77%).
Gastro News: Wie kann nachhaltiger und qualitätsvoller Tourismus betrieben werden?
Mario Pulker: Massentourismus ist in keiner Region den Menschen, die dort leben, dienlich. Damit Tourismus langfristig in einer Region funktioniert, muss er den Menschen auch eine Lebensgrundlage bieten. Nachhaltiger Tourismus muss Wertschöpfung für die Betriebe in der Region bringen. Ein wichtiger Aspekt bei der Wertschöpfung ist auch das Thema der Preisdurchsetzung: Den Betrieben muss es möglich sein, einen Preis zu verlangen, der es ermöglicht, auch in die Zukunft des Betriebes investieren zu können. Um die betrieblichen Strukturen für die Zukunft absichern zu können, muss der Betrieb langfristig die notwendige Qualität für den Gast anbieten können. Der Mut für die angebotene Qualität einen angemessenen Preis zu verlangen und diesen auch im Wettbewerb durchzusetzen, ist für die Betriebe ein Gebot der Stunde.
Gastro News: Seit 1.5.2019 gibt es neue Löhne und Gehälter für die Beschäftigten im Hotellerie- und Gastgewerbe. Sind Sie mit dem Ergebnis zufrieden?
Mario Pulker: Wir konnten in Verhandlungen auf Augenhöhe ein für beide Seiten vertretbares Ergebnis erzielen. Gerade auch bei den Lehrlingen liegen wir im Vergleich der Branchen mittlerweile im vorderen Bereich. Was ich mir noch wünschen würde, wären zeitgemäße Anpassungen im Rahmenrecht, um der Praxis und den Wünschen der Mitarbeiter Rechnung tragen zu können.
Gastro News: Welche Erwartungen haben Sie für die noch ausstehenden Verhandlungen zum Rahmenrecht im Juli 2019?
Mario Pulker: Ich bitte um Verständnis, dass ich als Verhandlungsführer meinen Gesprächspartnern nichts über die Medien ausrichten möchte. Grundsätzlich bin ich aber optimistisch, dass wir hier im Interesse aller Beteiligten etwas zusammenbringen werden.
Gastro News: Zurück zu Nachhaltigkeit: inwiefern ist der Begriff mit Betriebswirtschaftlichkeit vereinbar?
Mario Pulker: Das Thema spielt auf vielen Ebenen eine Rolle, sei es nun die Heizenergie, die Wahl der Zutaten und Lieferanten oder auch scheinbare Nebensächlichkeiten wie etwa Transportbehälter für mitgenommenes Essen. Auch der Umfang der Speisekarte oder das Berücksichtigen saisonaler Verfügbarkeiten schlagen letztlich auch auf das betriebswirtschaftliche Ergebnis durch. Wir bieten seitens der WK diverse Beratungen an, und ich kann jedem Betrieb nur empfehlen, davon Gebrauch zu machen. Am Ende ist eine Win-Win-Win-Situation für Gast, Umwelt und Betrieb definitiv schaffbar.
Gastro News: Welche Maßnahmen empfehlen Sie GastwirtInnen, um ihren Betrieb nachhaltiger zu machen?
Mario Pulker: Was hier immer hilft, ist ein geschulter Blick von außen auf das Unternehmen und die betrieblichen Abläufe. Ich merke oft im eigenen Unternehmen, dass es einfach von Zeit zu Zeit Inputs und neue Perspektiven von außen braucht, sei es im Energiemanagement, in der Küche oder im Einkauf. Die Herausforderung besteht hier darin, in der Hektik des Alltages die dafür notwendige Zeit aufzubringen. Meine Erfahrung ist: Es zahlt sich aus!
Vielen Dank für das Gespräch!