Wien (Culinarius) – Wiener Erfolgsgeschichten.
Das Café Hummel: Seit 1935 wird das gemütliche Kaffeehaus in der Josefstadt in Familienhand von den Hummels betrieben und befindet sich nun in der dritten Generation unter der Obhut von Christina Hummel. Fast rund um die Uhr werden hier die Gäste von den 38 Mitarbeitern mit Wiener Schmankerln und köstlichen Kaffeevarietäten versorgt, denn das Café Hummel kennt keine Pause: sieben Tage die Woche ist das Lokal von 7 Uhr morgens bis 24 Uhr in der Nacht geöffnet. Feiertage gibt es nicht.
Die unermüdliche Persönlichkeit, die seit 2005 viel Zeit und Energie in dieses Lokal-Projekt investiert, nennt sich Christina Hummel, Tochter von Vorgänger Georg Hummel und neue Klubobfrau der Wiener Kaffeehausbesitzer. Mit Leidenschaft versucht sie ihr Café Restaurant für Jung und Alt attraktiv zu halten, Innovationen zu fördern und gleichzeitig Tradition zu erhalten. Wie das gelingt und welchen Herausforderungen sich Frau Hummel in der Position als neue Klubobfrau stellen muss, verrät sie im exklusiven Interview mit Gastronews Wien.
Gastronews Wien: „Wie hat sich das Café Hummel seit der Entstehung vor 80 Jahren verändert bzw. weiterentwickelt?“
Hummel: In der ersten Generation, als es mein Großvater übernommen hat, war es ein klassisches Kaffeehaus. Mein Vater, in der zweiten Generation, hat das Restaurant miteingebracht und ich in meiner dritten Generation hab’ dann das Konzept „Café Restaurant Bar“ dazu genommen.
Gastronews Wien: „Was macht das Café Hummel so erfolgreich?“
Hummel: „Auf alle Fälle meine Mitarbeiter. Ich habe sehr langfristige Mitarbeiter und nur eine sehr geringe Mitarbeiterfluktuation. Einer meiner Mitarbeiter ist beispielsweise letztens erst nach 36 Jahren Angestelltenverhältnis in Pension gegangen. Für mich ist es wichtig, dass, wenn der Gast zur Tür reinkommt, er den Kellner wiedererkennt und umgekehrt. Weiterhin ist die Kommunikation zum Gast ein wichtiger Punkt sowie die gleichbleibende Qualität. Und auch, dass man sich immer wieder ein bisschen neu erfinden darf, um dem Gast Abwechslung zu bieten. Aber nur unter der Voraussicht, dass das Fundament das Gleiche bleibt, also Beständigkeit da ist.“
Gastronews Wien: „Sie möchten Ihr Café mehr in Richtung Restaurant entwickeln, wie gut gelingt dieses Vorhaben?“
Hummel: „Es geht nicht darum, dass es mehr zum Restaurant entwickelt werden soll, sondern wir wollen es bloß mehr als Restaurant kommunizieren. Wir haben hier vier hervorragende Köche in der Küche stehen und das möchte ich mehr transportieren, wir möchten als Restaurant wahrgenommen werden. Viel Wert legen wir auf österreichische Qualität und spannen den Bogen zwischen der traditionellen Wiener Küche bis hin zu ein bisschen Cross-Over und Neuinterpretation.“
Gastronews Wien: „Denken Sie darüber nach, in Zukunft zu expandieren?“
Hummel: „Ich habe schon darüber nachgedacht, ja. Aber wenn, dann würde ich ein komplett anderes Konzept probieren. Entweder würde ich mich auf das Frühstücksgeschäft fokussieren oder in Richtung Snacks/Sandwiches gehen, also eine Art ‚Hummel Corner’ erschaffen.“
Gastronews Wien: „Ist das bisher bloß eine Idee von Ihnen oder doch schon mehr als das?“
Hummel: „Also einen Businessplan habe ich bereits angefangen zu schreiben und erste Ideen festgehalten. Aber dadurch, dass ich 2012 eine große Summe von 700.000€ in die Renovierung des Café Hummels investiert habe, werde ich neue Projekte erst dann angehen können, wenn dieser Betrag abgezahlt ist. Außerdem fehlt noch die richtige Location. Die Expansion hat also noch ein bisschen Zeit, so alt bin ich ja noch nicht. (lacht) Da hab’ ich die nächsten 20 Jahre schon noch Zeit mich zu entfalten.“
Gastronews Wien: „Was mögen Sie besonders gerne an Ihrem Beruf als Kaffeesiederin?“
Hummel: „Der Umgang mit den Menschen. In erster Linie der Kontakt zu meinen Gästen und zu meinen Mitarbeitern. Dadurch, dass ich mit einigen von ihnen groß geworden bin, sind sie Teil meines Lebens. Man leidet und freut sich mit ihnen.“
Gastronews Wien: „Durch das junge Team und die Renovierung lässt sich ein Verjüngungsprozess Ihres Kaffeehauses ausmachen. Wie gut lässt sich dieser mit der Tradition vereinen?“
Hummel: „Tradition und Jugend vereint sich eigentlich recht gut. Denn um Tradition leben zu können, braucht man ein junges Publikum, das es mitaufbaut und an die nächste Generation weitergibt. Man sollte sich nicht auf Traditionen ausruhen und darauf, dass es uns schon so lange gibt, denn das wird auf Dauer nicht funktionieren – wir müssen investieren. Ich habe nun für die nächsten 40 Jahre renoviert und hoffe, damit auch das junge Publikum zu erreichen. Diese Zielgruppe muss von der Marke Hummel genauso angesprochen werden.“
Gastronews Wien: „Welche Herausforderungen kommen auf Sie als neue Klubobfrau zu?“
Hummel: „In erster Linie die Sanierung des Klubbudgets.“ (Ihr Vorgänger entwendete 200.000€ aus der Vereinskasse.) „Und dann möchte ich neue Mitglieder anwerben, nämlich die Szenen Cafés und die vielen neuen Barista-Shops, die wie Schwammerl aus der Erde schießen. Ich glaube nämlich, dass wir alteingesessenen KaffeesiederInnen von denen sicherlich etwas lernen können. Man sollte sich da nicht abgrenzen und sagen: ‚Bei mir gibt es keinen Café Latte, bei mir heißt es Häferlkaffee’, sondern man muss sich dem Trend beugen, weshalb wir auch Sojamilch oder Chai Latte anbieten. Eine andere Herausforderung ist es, dass ich die erste Frau in dieser Position bin und die Jüngste. Es ist deshalb natürlich schwierig, den Alteingefleischten in der Kaffeesieder-Branche gegenüber zu beweisen, dass man die Stärke hat, den Klub nach außen hin zu vertreten.“
Gastronews Wien: „Der Klub möchte versuchen, mehr Anreize für Junge zu schaffen, durch innovative Wettbewerbe und Aktionen für Lehrlinge. Was ist damit konkret gemeint?“
Hummel: „Zum einen möchte ich die Lehre des Kaffeehaus-Obers neu in Szene setzen. Ich könnte mir zum Beispiel ein Wiener-Kaffeehaus-Ober-Wettbewerb zwischen den Lehrlingen vorstellen. Speziell für die jungen Leute könnte man Clubbings veranstalten. So habe ich hier im Café schon einmal ein ‚Future Coffee Clubbing’ gemacht, mit Discopult und Spotlights. Sponsoren, die mitgeholfen haben, wie Meinl und Heineken, hatten hier eigene Bars aufgebaut, wo nette Mädels im Heineken-Ledergewand rumgegangen sind. Das hat gezeigt, dass sich ein Kaffeehaus auch mal wandeln darf.
Weiterhin möchte der Klub jetzt auch Sommerveranstaltungen machen. Also nicht nur den Ball in der Ballsaison, sondern ein Sommerevent in einer coolen Location mit einem fetzigen Motto. Was die Kaffeesieder nämlich wirklich gut können, ist Gäste bewirten und Feste feiern. Außerdem möchte ich Vergünstigungen für Lehrlinge und das junge Publikum bieten, mit Gutscheinen fürs Kino oder Stempelkarten. Für die ganz kleinen Gäste bin ich gerade auf der Suche nach Lollis, die man branden kann. Ideen sind also da, aber für mich gilt es jetzt zunächst erstmal die Klubfinanzen zu sanieren.“
Fotocredit: Christina Hummel