„Konnichiwa“ im Backstubenflair? Gibt’s in der Josefstadt!

Andrea Wieger

Wini Brugger ist wieder da. Nach dem Aus seines gehobenen Stubenring-Restaurants „Indochine 21“ vor mehr als zwei Jahren war es still um den aus Kärnten stammenden, asia-affinen Gastronom geworden. In seinem Koch-Atelier huldigte er der Fusionsküche nur noch im kleinen Kreis und hielt so manchen Kochkurs ab. Bis vor einigen Monaten war der Haubenkoch mit diesem Arrangement durchaus zufrieden, bis er und seine einstige Indochine-Geschäftspartnerin Margit Pruckner ein „Knusperhäuschen“ in der Josefstadt entdeckten. Dabei handelt es sich um ein ehemaliges Backhaus mit vierhundert Jahre alter Geschichte, das seit der Nachkriegszeit nicht mehr als Bäckerei sondern als Restaurant betrieben wird und das aufgrund des Denkmalschutzes sowie seiner rustikalen Einrichtung durchaus als urig bezeichnet werden darf. Umso interessanter, dass das Konzept Bruggers alles andere als urig, sondern vielmehr exotisch ist – zumindest in Europa. Altes Interieur, neue Küche sozusagen. Es soll kein weiteres Gourmetrestaurant werden, hat mit dem Indochine nichts zu tun und belebt seit vergangenen Dezember die Wiener Gastro-Szene.

Die fensterlosen Räume bekamen einst eine dunkle Holztäfelung verpasst, ganz hinten findet sich sogar eine antike Zirbenholzstube. Dieses doch sehr rustikale Ambiente wurde mit Modernem wie großen Graffitis und einigen Industrial-Lampen vermischt. Ob´s passt? Bestimmt nicht für jeden Geschmack. Über die Lautsprecher plätschert Soul aus den Achtzigern und Easy Jazz, an der offenen Anrichte garniert der Chef die Speisen, die ihm von den Köchen durch eine Wandöffnung aus der Küche gereicht werden.

Yakitori also. Japaner verstehen darunter marinierte Hendlspieße, über Holzkohle gegrillt. Die holt man sich im fernen Osten traditionell von Holzstandln auf der Straße, wegen ihrer Beliebtheit werden die würzigen Kleinigkeiten aber längst auch in Restaurants und Markthallen angeboten. Als Vorspeisen tischt Brugger Gemüse-Tempura auf. Hauptakteure sind jedoch die Spießchen, auf die alles nur Vorstellbare vom Huhn gefädelt wird und die dann über der offenen Flamme gebraten und mit verschiedenen Saucen serviert werden. Das hierzulande noch gewöhnungsbedürftige Motto lautet „alles von der Nase bis zum Schwanz“: neben Bruststücken werden nämlich auch Innenfilet, Haut, Leber, Zwischennacken, Magen, Herzen, Nieren und wunderbar gewürzte Fleischbällchen oder Flügerl auf die Spieße geschoben beziehungsweise auf den Grill gelegt. Doch glücklicherweise gibt es noch mehr als nur diverse Hühnerteile zu essen. Das aktuelle Szene-Gemüse Karfiol wird in Tempura-Teig gehüllt und auf eine scharfe Yuzu-Sake-Mayonnaise gebettet (12 €), das Kabeljau-Filet bekommt eine feurige Sauce und ein Daikon-Rettichgemüse als Begleitung (15 €). Fermentiertes Gemüse sei zudem seit Monaten im Gärtopf, Kimchi etwa, das hervorragend zu gegrilltem Fisch und Fleisch passt. Holzkohle ist in der Backstube wegen fehlender Genehmigungen nicht möglich, den für Yakitori charakteristischen Rauchgeschmack muss man sich deshalb dazudenken. Die verschiedenen Teile werden laut Speisekarte auch verschieden mariniert: Brust mit Wasabi, Zwiebel und Teriyaki-Sauce, Innenfilet mit Curry und Sesam, Flügerl mit Limette und Sake. Klingt alles sehr fein, doch der Geschmack der salzig-süßen Soja-Zucker-Sauce, mit der die Spieße bepinselt werden, überwiegt meist. Der Gaumen hat daran wohl nichts auszusetzen, doch allzu große geschmackliche Unterschiede darf man sich bei den diversen Spießen eben nicht erwarten. Scharf würzen, das gelingt im Winisan allerdings richtig gut.

Erwähnenswert ist außerdem, dass die Spieße aufgrund der verschiedenen Garzeiten nur reinsortig angeboten werden. Das heißt: ein Spieß nur mit Hühnermägen, einer nur mit Herzen, einer nur mit Brust, einer nur mit Haut … wer nun alle kosten will, wird teilen müssen. Jeder Teil vom Huhn muss schließlich anders mariniert werden und hat einen anderen Garpunkt. Apropos Garpunkt: „Wenn man’s wirklich hardcore machen wollte, müsste man das Huhn halb roh servieren. Wir werden es anbieten, für die, die es ausprobieren möchten.“ so Brugger. Auch ein Hühnersashimi medium rare wird hier serviert, in Sake und Sojasauce mariniert. Rohes Huhn hat angeblich ähnliche Qualitäten wie roher Fisch. Das Fleisch bezieht der Haubenkoch von der Firma Steirerhuhn, allerdings nicht bio. Die Tiere werden im Ganzen geliefert. Auch deshalb will Brugger sein Restaurant nur abends geöffnet haben, weil die Crew untertags Zeit braucht, um die Hühner zu zerlegen. Untertags ist nur der vordere Bereich des lang gestreckten Lokals betrieben, als Tagescafé mit „lustigen neuen Sachen vom Huhn“, etwa knusprigen Chicken-Sandwiches. Gegen den Durst gibt es – passend zur Heurigen-Atmosphäre – Wein und Bier vom Fass. Gut so.

Fazit:

Ein japanischer Heuriger in Wien – ob der starke Kontrast zwischen relativ moderner Küche und uriger Atmosphäre langfristig funktioniert, wird man sehen, einen gewissen Reiz hat die skurrile Kombination aber definitiv, neue Herausforderungen für mutige Gaumen inklusive!

 

Winisan in der Alten Backstube

Lange Gasse 34

1080 Wien

Tel. 0660/523 23 07

Geöffnet: Dienstag bis Samstag 18 bis 24 Uhr